Höchstspannungsleitungen transportieren den Strom von den Grosskraftwerken in die Agglomerationen und bilden das Rückgrat des internationalen Stromhandels. In der Schweiz erstreckt sich das Höchstspannungsnetz über eine Länge von 6700 Kilometern. Das klingt nach viel, ist aber zu wenig für den zusätzlichen Strom, den die Energiewende bringen wird. Und weil der Neubau von Freileitungen mit Mastenhöhen bis zu 60 Metern in der dicht besiedelten Schweiz mit Sicherheit auf Widerstände stossen würde, läuft die Forschung auf Hochtouren. 

Zum Beispiel am Institut für elektrische Energieüber­tragung der ETH Zürich. Dort arbeitet das Team von Christian Franck an einem System, mit dem sich die Übertragungs­kapazität der bestehenden Höchstspannungsleitungen um bis zu 50 Prozent steigern liesse. Möglich macht dies die Tatsache, dass die Übertragung von Gleichstrom vergleichsweise verlust­arm ist. «Wir könnten einen Teil der bestehenden Wechsel­stromleitungen durch Gleichstromleitungen ersetzen», sagt Franck. 

Die Lösung hat nur einen Nachteil: Aufgrund der elektromagnetischen Wechselwirkung zwischen der bestehenden Wechselstrom­- und der zusätzlichen Gleichstrom­-Übertragung am selben Mast verstärkt sich das auch vom Boden aus gut hörbare Flimmern und Knistern der Leitungen. 

Franck zog deshalb schon bei Projektstart die Politikwissenschaftlerin Isabelle Stadelmann-­Steffen von der Universität Bern hinzu. Sie sollte abklären, welche Haltung die Bevölkerung zu Höchstspannungsleitungen im Allgemeinen hat und wie sie auf die neue Hybridtechnologie reagieren würde. 

Im Frühling 2016 startete die Forschungsgruppe von Stadel­mann-Steffen eine Umfrage bei 1300 Personen aus der ganzen Schweiz. Seit diesem Sommer liegen die Ergebnisse vor. Erwartungsgemäss lassen Freileitungen niemanden kalt. «Überraschend war jedoch, dass die Anwohnerinnen und Anwohner von Höchstspannungsleitungen generell gelassener waren als jene, die das Thema nur aus der Ferne kennen», stellt die Forscherin fest. 

In Hinblick auf die Umrüstung des Stromnetzes ist das eine gute Nachricht. Denn es zeigt, dass die Widerstände in der Bevölkerung mit Praxiserfahrungen eher sinken. Die Politikwissenschaftlerin Stadelmann-Steffen ist überzeugt:  «Mit einer gezielten Aufklärung liesse sich die Akzeptanz von baulichen Massnahmen sicher steigern.»