Ein Hybrid ist eine Kreuzung; zum Beispiel zwischen einem Elektromobil und einem Auto mit Verbrennungsmotor. Eine Kreuzung ist auch die Aarmatt, ein Gelände auf dem Gebiet der Solothurner Vorortsgemeinde Zuchwil. Dort sind vier Netze verbunden, die normalerweise streng getrennt sind: das Strom- ­, das Gas- ­, das Wasser-­ sowie das Fernwärmenetz der lokalen Kehrichtverbrennung. 

Verknotet sind die Netze mit drei Anlagen, die in der Lage sind, einen Energieträger – zum Beispiel Gas – in einen anderen – beispielsweise Strom – umzuwandeln. 

Der Gasheizkessel:
Er wandelt Gas in Wärme und dient als Backup für das Fernwärmenetz, das mehrere Tausend Solothurner mit Heizenergie und warmem Wasser versorgt. 

Das Blockheizkraftwerk:
Es gewinnt aus Gas neben Wärme auch elektrische Energie; Strom, der in Zeiten erhöhten Verbrauchs – etwa an dunklen und kalten Winterabenden – die Bedarfs­ spitzen abdecken kann. 

Der Elektrolyseur:
Er spaltet mittels elektrischer Energie Wasser in Wasserstoff und Sauerstoff auf. Der Wasserstoff wird zwischengespeichert und kann dosiert ins Erdgasnetz geleitet werden. 

Thomas Schellenberg ist Leiter Energie bei Regio Energie Solothurn und verantwortlich für das Hybridwerk. Der gelernte Chemieingenieur hat seit der Inbetriebnahme vor zwei Jahren schon mehr als 3000 Besucher empfan­ gen, einige von ihnen persönlich; darunter die 30­köpfige Delegation einer chinesischen Provinzregierung. 

Sie alle interessieren sich für eine grosse Frage: Wie schaffen wir es, eine zuverlässige Stromversorgung ohne Kernkraftwerke und ohne Verstromung von Kohle-, Gas- oder Erdöl zu bauen? Die Herausforderung ist gross und wird bei näherer Betrachtung immer grösser. 

 

Die Herausforderung wird bei näherer Betrachtung immer grösser!

 

Der Grund dafür liegt in der Funktionsweise des Stromnetzes: Wenn es stabil funktionieren soll, müs­sen sich Einspeisung und Verbrauch im Gleichgewicht befinden. Die neuen erneuerbaren Energien jedoch lassen sich nicht regeln wie ein konventionelles Kraftwerk. 

Doch damit nicht genug: Ein Normaljahr dauert 8760 Stunden. Ein Kernkraftwerk läuft im Idealfall rund 8000 Stunden. Solarstrom – um dieses Beispiel zu nennen – fällt hingegen vor allem sommers und nur tagsüber an. Das heisst: In dieser Zeit müssen enorme Mengen Energie gesammelt und gespeichert werden. 

Für die kurzfristige-, stunden-­ und tageweise Zwischenspeicherung von überschüssigem Strom werden in der Schweiz Pumpspeicherwerke gebaut und Millionen von Franken in die Entwicklung von Batterien oder Druckluftspeichern investiert. «Für die langfristige, die Jahreszeiten übergreifende Speicherung jedoch», so Thomas Schellenberg, «bietet sich unser bestehendes 20 000 Kilometer langes Gasnetz an.» 

Deshalb geht man in der Aarmatt jetzt auf dem langen Weg zur sogenannten Konvergenz der Netze noch einen Schritt weiter. Zurzeit wird eine neue Anlage für die biologische Methanisierung des im Hybridwerk gewonnenen Wasserstoffs gebaut. In diesem «Power­to­Gas»­-Reaktor wan­deln einzellige Organismen – sogenannte Archaeen – Wasserstoff (H2) und Kohlen­stoffdioxid (CO2) in Methan (CH4) um. 

In Zukunft soll das Hybridwerk Methan in Erdgasqualität produzieren, das bei Bedarf wieder verstromt werden kann. Anfang des kommenden Jahres werden die Bauarbeiten abgeschlossen sein; im Frühling beginnt der Pilot­betrieb. 

Finanziell mitgetragen wird das Projekt vom Bund. Ebenfalls an den Kosten beteiligt ist die EU; dies im Rahmen des Programms Horizon 2020. Das Solothurner Hybridwerk ist Teil eines europaweiten Forschungsprojektes zur Zukunft der Power­-to-­Gas-­Technologien.