Wer einige Tage in die Haut eines Londoners oder einer Neapolitanerin schlüpfen will, braucht nur ein «Airbnb» zu buchen. Vor Ort empfängt einen ein Gastgeber oder ein Schlüssel wird hinterlegt, zusammen mit den besten Ausgehtipps. 

Knapp zehn Jahre alt ist der digitale Marktplatz, dessen Name sich aus «Airbed and breakfast» – Luftmatratze und Frühstück – ableitet. Airbnb hat dazu beigetragen, dass die Sharing­Economy zum Zauberwort der Dekade geworden ist: Wir teilen Dinge, von denen wir nie gedacht hätten, dass wir sie jemals Fremden anvertrauen würden. Doch welche Effekte hat Sharing für die Gesamtenergiebilanz? 

Die Sharing­-Economy basiert auf dem Prinzip, Überkapazitäten zum gegenseitigen Nutzen und gegen Bezahlung zur Verfügung zu stellen oder zu nutzen. Dazu braucht es nur ein Netz, einen Bildschirm und eine benutzerfreundliche User­-Plattform. Die soziale Akzeptanz ist so durchschlagend, dass Airbnb in weniger als vier Jahren zur grössten Hotelkette der Welt gewachsen ist, und Fahrgemeinschaften gewinnen als Alternative zum öffentlichen Verkehr an Akzeptanz. Aber helfen Sharing­ Plattformen tatsächlich, effizienter mit Energie umzugehen? Die Energiebilanz von Airbnb nahm ein Projektteam des Psychologischen Instituts und der Sozialforschungsstelle der Universität Zürich mittels einer Befragung von einigen hundert Gästen und Gastgebern in der Schweiz unter die Lupe. Auf den ersten Blick erscheinen die Ergebnisse positiv: Ein Grossteil der Gäste würde ohne Airbnb Hotels, also energieintensivere Übernachtungsformen, nutzen, und rund 40 Prozent der Gastgeber gaben an, sie würden während der Vermietung in derselben Wohnung übernachten. Das würde den Pro­-Kopf­-Energie­-Verbrauch eigentlich massgeblich verringern – aber nur, wenn der Kontext unterschlagen würde. Denn wegen der günstigen Preise reisen die Airbnb­-Nutzer weiter und öfter, was den Energieverbrauch pro Kopf stark erhöht. Zu berücksichtigen sind auch die weite­ren sogenannten «Rebound-Effekte», wie der Co­-Autor der Studie, Jürg Artho von der Sozialforschungsstelle der Universität Zürich, meint. «Durch die Nutzung von Airbnb wird Geld frei, welches die Personen nicht nur in längere oder weitere Reisen und in längere Aufenthalte, sondern auch in zusätzliche energieintensive Freizeitbetätigungen umsetzen. All das überkompensiert die Ressourceneinsparungen durch die energieschonende Übernachtungs­möglichkeit.» Die ernüchternde Gesamt­bilanz dieser Untersuchung: «Das Airbnb­-Angebot führt insgesamt zu einem Mehrverbrauch an Energie.» 

Das Forscherteam schlug auch Massnahmen vor, die auf positive Verhaltensänderungen der Gastgeber und der Gäste zum schonenderen Umgang mit Energie abzielen. Sie reichen von der Einschränkung des Wohnraumangebots zu reinen Gewerbezwecken etwa über Steuern, behördliche Kontrollen, die Limitierung des Vermietungszeitraums oder die Einschränkung der Objektart (nur Einzelzimmer statt Wohnungen) bis zur Registrierungspflicht. Auch eine Einführung von Umweltzertifikaten für Gastgeber hätte einen positiven Effekt auf die Energiebilanz. 

Beim Carpooling wurden hinge­gen positive Effekte eruiert. Die Untersuchung hat ergeben, dass die grosse Mehrheit der Anbietenden ihre Fahrt auch mit einem weniger besetzten Auto unternommen hätte – womit die Energieeinsparung pro Kopf erwiesen ist. Vor allem zwei Motivations-«Boosters» wurden vom Projektteam identifiziert: Eine Mitfahrgelegenheit wird zum einen eher genutzt, wenn der Einstiegs­ oder der Zielort für den potenziellen Mitfahrer günstig liegt. Zum anderen spielt die soziale Akzeptanz eine wichtige Rolle. «Wenn eine Person den Eindruck hat – ob berechtigt oder nicht –, dass alle Personen um sie herum Carpooling eine tolle Sache finden und es auch oft nutzen, dann steigt die Wahrscheinlichkeit, dass diese Person Carpooling nutzt, stark», sagt Jürg Artho.